Kraftkoordination

Gemeint ist damit die Fähigkeit, fein koordinative Regelungen zur Stabilisierung der Beinachse und des Rumpfes unter mittleren bis hohen Lasten zu gewährleisten. Gemeinhin wird dies unter dem Begriff des funktionellen Trainings betrachtet und beschrieben.

Funktionelles Training hat in den Bereichen Prävention, Rehabilitation und Leistungsoptimierung einen hohen Stellenwert und ist fester Bestandteil eines sinnvollen Athletiktrainings. Es richtet sich nach den sportartspezifischen Anforderungen und berücksichtigt die individuellen Voraussetzungen des Sportlers. Ziel des funktionellen Trainings ist eine Verknüpfung der unterschiedlichen sportmotorischen Fähigkeiten, um die Effizienz von komplexen Bewegungsmustern innerhalb von Bewegungsketten zu verbessern, sowie Kompensationsmuster und Asymmetrien des Sportlers zu beseitigen. Das funktionelle Training ist kein Ersatz für die Ausbildung einzelner Fähigkeiten, sondern eine wichtige Ergänzung. Bestimmte Leistungen werden in Abhängigkeit von Trainingszyklen und -phasen bewusst isoliert oder funktionell ausgebildet.

Ein funktionelles Übungsprogramm besteht in der Regel aus freien und ungeführten Bewegungen, welche ein erhöhtes Maß an Koordination und sensomotorischer Leistungsfähigkeit erfordern. Durch die offene Bewegungsausführung können sportartspezifische Anforderungen optimal angesteuert werden. Aufgabe des Trainers ist es, diese zu analysieren und zielführende Übungssituationen für den Sportler zu schaffen.

Das sensomotorische System dient der Bewegungskontrolle und besteht aus drei Ebenen. Die komplexe Informationsebene zur Aufnahme und Weiterleitung von Informationen aus der Peripherie wird durch die Exterosensorik und Propriozeption geleistet. Die Verarbeitungsebene ist eine zentralnervale Leistung. Hier werden Signale moduliert, welche auf Ausführungsebene zu einem möglichst präzisen koordinativen Output führen. Die Motorik unterteilt sich dabei in zwei Funktionsbereiche: Die Haltungs- und Stützmotorik (Kinästhesie) und die Zielmotorik (Kinesie). Die Balance dieser beiden Bereiche ist für die Gesundheit und sportliche Leistungsfähigkeit des Sportlers von großer Bedeutung. 

 

Inhalte und Ziele eines funktionellen Trainingsprogrammes

Folgende Elemente sind wichtige Bausteine eines funktionellen Trainingsprogramms und werden gezielt miteinander verknüpft:

  • Komplexe sensomotorische Aufgaben zur Verbesserung der neuronalen Adaptation und motorischen Kontrolle
  • Übungsinhalte zur Verbesserung der muskulären Elastizität und sportartrelevanten Beweglichkeit 
  • Rumpfstabilisierende Elemente zur Erhöhung der Kernstabilität (core stability) und segmentalen Stabilität der Wirbelsäule
  • Übungen zur Verbesserung der unterschiedlichen Kraftformen und -Qualitäten, wie beispielsweise Schnellkraft, Maximalkraft und Kraftausdauer

 

Je größer die Schnittmenge zwischen den einzelnen Elementen, desto komplexer sind die Anforderung an den Athleten. 

Insbesondere die Kombination von Krafttraining und sensomotorischer Reize führt zu einer biochemischen Stimulation und Freisetzung von leistungsfördernden Wachstumshormonen.
 

Wirkung und Nutzen

Trainingsprogramme auf Basis eines hohen sensomotorischen Anteils, wie beispielsweise Übungen auf instabilem Untergrund oder reaktive Sprungvarianten, haben im Bereich des funktionellen Trainings einen gesonderten Stellenwert. 

Durch die intensive Stimulation von sensorischen Rückmeldungen und deren Verarbeitung verbessert sich nachweislich die Ansteuerung der Muskulatur. Dies ist der Schlüssel zu einer Reihe von zahlreichen protektiven und leistungssteigernden Anpassungen.

Die intensive Stimulation der sensorischen Systeme optimiert die inter- und intramuskuläre Koordination und führt zu einer Verbesserung der Ganzkörperkoordination. Auf dieser Basis entwickelt sich eine erhöhte Gelenkkontrolle bei stabilisierenden und kinetischen Beanspruchungen. Entsprechend lässt sich eine verbesserte dynamische Standstabilität nachweisen und zugleich das Sturzrisiko verringern.

Regelmäßiges funktionelles Training mit sensomotorischen Inhalten kann dazu beitragen, die Häufigkeit von Muskel- und Gelenkverletzungen durch die Reduktion von Verletzungssituationen und einer geschulten protektiven Handlungsfähigkeit des Sportlers zu senken. Neben der Vermeidung von akuten Verletzungen muss auch die langfristige Gesundheit des Sportlers in der Trainingsgestaltung Beachtung finden und Überlastungen durch einseitige Anforderungsprofile vermieden werden. Durch intensive Ansteuerung der agonistischen Muskulatur bei sensomotorischen Trainingseinheiten werden muskuläre Dysbalancen physiologisch reguliert und ausgeglichen. In diesem Zusammenhang ist auch der positive Einfluss auf die Rumpfstabilität zu erwähnen, der sich durch komplexe Bewegungsverbindung von Beine - Rumpf - Schulter - Arme ergibt.  Die „core stabilty“ verbessert die Kraftübertragung auf Extremitäten und stabilisiert den Körperschwerpunkt.

Im Bereich der Kraftentwicklung lassen sich ebenfalls positive Auswirkungen nachweisen. Insbesondere die Explosivkraft in seiner initialen Phase wird durch sensomotorische Verknüpfungen verstärkt. Dies wirkt sich fördernd auf die Schnelligkeit, reaktiven Bewegungsabläufe und die Sprungleistung des Sportlers aus.