Aktivierungsregulation

Zu jeder Leistungsanforderung passt ein optimales Aktivierungsniveau. So ist es weder im Wettkampf noch im Training von Vorteil, zu angespannt oder völlig entspannt zu sein. Das Modell der „Individual zones of optimal functioning“ (Hanin, 2000) besagt, dass die Wahrscheinlichkeit zur Abrufung von Höchstleistungen größer wird, wenn der Athlet seinen individuell optimalen Spannungszustand herstellen kann.

Dieser optimale Spannungszustand in der „Peak Performance Zone“ ist individuell stark variierend. Der eine Sportler benötigt „positive“ Emotionen (Freude), der andere braucht „negative“ Emotionen (Zustandsangst). Man denke nur an Oliver Kahn, den Pfiffe und Aggressionen bei Auswärtsspielen zu Höchst-Leistungen antrieben. Die zentralen Fragen für Sportler und Trainer sind also: Wie erkenne ich zu hohe oder zu niedrige Anspannung und wie reguliere ich diese?

Dazu sollte zunächst die Selbstwahrnehmung geschärft werden, um eine akkurate Einschätzung vorzunehmen.

Aber auch der Trainer muss eine feine „Antenne“ für den Zustand seines Schützlings entwickeln: Wie ist er heute drauf? Und: Wie weise ich ihn gegebenenfalls auf seine Anspannung oder fehlende Motivation richtig hin? (vgl. Kapitel Motivation & Ziele).

Ebenso wichtig für den Sportler ist es seinen „Ist-Zustand“ selbst richtig einschätzen zu können. Daher sollte es Ziel des Trainers sein, die Selbstwahrnehmung des Sportlers zu schärfen, so dass er seinen Zustand selbst erkennt. Denn die Selbstkenntnis ist die Basisfertigkeit, um das Aktivierungsniveau gezielt regulieren zu können.

In einem zweiten Schritt sollte dann verdeutlicht werden, welcher Zustand wünschenswert ist: Fokus, Spannung ohne Überspannung, Motivation und Freude auf körperliche Bewegung können wünschenswerte Zustände sein. Wie schon zuvor erwähnt, kommt hier das Ziel die individuelle „Peak Performance Zone“ zu erreichen, ins Spiel.

In einem dritten Schritt sollte der Sportler bei Diskrepanzen zwischen Ist- und Soll-Zustand in die richtige Richtung gegensteuern: Bei zu wenig Spannung mit Mobilisation, bei zuviel Spannung mit Relaxation, z. B. in der Form von Pausen. Die entsprechenden Übungen werden am Ende dieses Kapitels vorgestellt. Zuvor soll aber noch Hilfestellung für die Basisfertigkeit der „Selbstkenntnis“ gegeben werden. Was sind Anhaltspunkte, die dem Sportler und Trainer Hinweise auf den Ausgangszustand geben?

Zu niedrige Anspannung:

  • Kurzfristige Motive werden wichtiger als langfristige Ziele
  • Der Sportler wünscht sich das Ende des Wettkampfes (WK) herbei
  • Der Sportler möchte Ruhe haben statt sich auf den WK vorzubereiten
  • Der WK und das Ergebnis sind dem Sportler nicht mehr so wichtig
  • Der Sportler fühlt sich müde und lustlos
  • Der Sportler zeigt Anzeichen von Müdigkeit (z. B. gähnen, hinlegen)
  • Der Sportler bewegt sich langsam, weniger spritzig, ohne Energie
  • Die koordinativen Leistungen fallen ab


Zu hohe Anspannung:

  • Körperliche Unruhe, hektische Bewegungen
  • Verkrampfte Körpersprache, Verspannung
  • Übersteigerte Atem-und Herzfrequenz, Schweißsausbrüche
  • Agressivität und Gereiztheit
  • Der Sportler malt sich negative Handlungen aus, „grübelt“
  • Der Sportler hat Angst sich zu blamieren
  • Der Sportler hat Schwierigkeiten sich zu fokussieren